Mobile App Strategy

WWDC 2017: Neugestaltung des App-Stores unter den Vorzeichen von erweiterter Realität (AR)

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Apple hat in diesem Jahr schon so einige Ankündigungen gemacht, unter anderem für Hardwareprodukte und Plattformverbesserungen. Die Aktualisierungen der iOS Plattform waren dabei für Entwickler die wichtigsten Neuerungen, insbesondere die für App Store und ARKit.

Nach der auf Künstliche Intelligenz fokussierten Google-Veranstaltung im Mai startete Apple seine Worldwide Developer Conference (WWDC) mit einer actiongefüllten Keynote. Apple wich dieses Jahr vom bekannten Prozedere ab, und verkündete eine Vielzahl neuer Hardwareprodukte, darunter Macs, iPads und sogar ein Amazon Echo Konkurrenzprodukt namens HomePod. Bedenkt man jedoch die Größe der iOS Installationsbasis, so waren die Verbesserungen an der iOS-Plattform wohl die wichtigsten Ankündigungen. Schauen wir uns diese doch einmal näher an und beginnen mit dem Update des weltweit umsatzträchtigsten App Stores.

Zur Lage des iOS App Store

Apple verkündete, dass der iOS App Store mittlerweile 500 Millionen Besucher pro Woche verzeichnet und dass bis heute mehr als 180 Mrd. Apps über alle Apple Plattformen heruntergeladen wurden. Diese schiere Menge hat jedoch auch für Probleme bei der Auffindbarkeit von Apps gesorgt. Mit iOS 11 versucht Apple nun, dieses Problem mit Hilfe eines komplett neu gestalteten App Stores in den Griff zu bekommen, dessen Fokus auf der Pflege digitaler und redaktioneller Inhalte von Apple liegt.

In iOS 11 wurde der App Store mit Fokus auf Kuration neugestaltet.

Auch wenn diese Änderungen sich sicher positiv auf eine Präsentation im App Store auswirken werden, wird dieser positive Effekt wohl je nach App unterschiedlich stark ausfallen. Besser verständlich wird das wenn wir uns einmal überlegen, welche Geschäftsziele Apple eigentlich verfolgt.

Die Umsätze des iOS App Store stiegen während des 1. Quartals 2017 im Jahresvergleich dank Spielen und In-App Abonnements um 48 %.

Dienstleistungen, deren wesentlicher Bestandteil der App Store ist, sind eine wichtige Einnahmequelle für Apple geworden. Zusätzlich wird der Hauptumsatz des iOS App Stores durch In-App-Käufe in der Kategorie Spiele generiert, sowie aus In-App Abonnements in den Bereichen Dating, Unterhaltung und Medien-Apps. Es ist kein Zufall, dass redaktionelle Inhalte in diesen Apps tendenziell größere Auswirkungen haben als in jenen die nur darauf ausgerichtet sind, „Zeit totzuschlagen“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer einen App Store nach neuen und interessanten Apps durchsuchen, auf die diese Beschreibung passt, ist deutlich höher.

Apps, die „Bedürfnisse unterstützen“ (z.B. Fahrgemeinschaften, Banking, usw.) werden deutlich häufiger heruntergeladen oder verwendet, wenn Nutzer gerade dieses spezielle Bedürfnis haben. In der Regel folgen sie dabei einer Empfehlung. Mögliche Lösungen basieren hier vermutlich eher auf kontextabhängigem maschinellem Lernen (wie bei Siri Proactive etwa), als auf Kuration.

iMessage trifft Apple Pay

Apple hat in letzter Zeit deutlich an Fahrt aufgenommen indem es den In-App Zahlungsverkehr nahtlos gestaltete. Nun möchte Apple das Transaktionsvolumen mit Hilfe einer neuen, in iMessage integrierten P2P Zahlungsfunktion beschleunigen. Dies ist eindeutig eine sehr elegante Lösung, und Apple hat in diesem Bereich einen deutlichen Vorsprung vor seinen Wettbewerbern (z.B. die Anzahl der gespeicherten Kreditkarten). Allerdings wird viel davon abhängen, dass iMessage auch auf Android ausgeweitet wird um eine Plattformübergreifende Lösung zu entwickeln und die Reichweite zu vergrößern. Doch selbst bei hypothetischer Expansion wird es eine Herausforderung werden, eine gewisse Größenordnung innerhalb von P2P Zahlungen zu erreichen.

Kommunikations-Apps in den westlichen Ländern, darunter Facebook, Messenger und Snapchat versuchen seit Jahren, P2P Zahlungen zu integrieren. Selbst Google integrierte vor kurzem P2P Zahlungen in die Gmail App. Nichtsdestotrotz behaupten klar definierte Zahlungsdienste wie PayPal und Venmo (das soeben von PayPal gekauft wurde) weiter ihre dominante Stellung. Dies liegt daran, dass sich bestehende Bindungs- und Verhaltensmuster in sozialen und Kommunikations-Apps bekanntlich nur schwer ändern lassen.

Tatsächlich finden sich die einzigen Kommunikations-Apps, die wirklich erfolgreich in diesem Bereich agieren, in Asien. WeChat ist dabei das beste Beispiel. Der Erfolg von WeChat in diesem Bereich ist größtenteils auf die Vielzahl einzelner App-Stores in China zurückzuführen (was wiederum direkt nach der Einführung einer einheitlichen Plattform schreit), und auf eine größere Toleranz in Bezug auf UI/UX Komplexität unter asiatischen Nutzern. Diese Faktoren existieren in den westlichen Ländern einfach nicht.

Erweiterte Realität überall

Endlich verkündete Apple auch die Einführung von ARKit, einer Reihe von Entwicklerinstrumenten die es ermöglichen, erweiterte Realität auch auf iOS Geräten zu nutzen. Die Herangehensweise von Apple ähnelt hierbei der kürzlich von Facebook angekündigten Kameraeffekte Plattform, wobei virtuelle Objekte in die reale Welt platziert werden. Der Hauptunterschied besteht jedoch darin, dass Apple ganz klar Zugang zu einer viel größeren Entwicklergemeinde hat mit einer unmittelbareren Monetisierungsmöglichkeit: Spiele. Tatsächlich ist es sehr wahrscheinlich, dass Apple hierdurch in Bezug auf AR-Spiele (über Pokémon GO hinaus) einen Vorsprung von mehreren Jahren gegenüber Wettbewerbern hat.

Es ist außerdem interessant, hier die Herangehensweisen von Apple und Google zu vergleichen. Apple versucht die Entwickler dabei zu unterstützen, virtuelle Objekte in Bezug auf die reale Welt realistisch und eindringlich erscheinen zu lassen. Google andererseits versucht, Objekte in der realen Welt zu verstehen und daraus schlau zu werden (Google Lens). Damit erweiterte Realität wirklich eine transformative Plattform wird, müssen virtuelle Objekte in der Lage sein, die reale Welt zu verstehen und nahtlos mit ihr zu interagieren. Mit anderen Worten: diese Herangehensweisen müssen sich mit der Verbesserung erweiterter Realität ebenfalls annähern. Wie bereits während der ersten Welle mobiler Innovation beobachtet, müssen führende Unternehmen voneinander lernen um die Plattform nach vorne zu bringen.

Weitere Ankündigungen und abschließende Gedanken

Über diese Ankündigungen hinaus unternimmt Apple einige Anstrengungen, um die Leistung des iPad als Arbeitsgerät zu verbessern. Da immer größere Smartphone-Bildschirme die Nutzung von Inhalten quasi alleine beanspruchen, ist die Schaffung von Inhalten zum letzten großen Ziel geworden. Mit iOS 11 erhält das iPad neue Fähigkeiten, wie beispielsweise ein Dateiablagesystem, eine anpassbare Dockleiste ähnlich der des Mac, eine neue Oberfläche zum Austauschen von Apps, Drag-und-Drop Funktion, sowie eine stärkere Integration mit Apple Pencil. Apple versucht damit, Anreize für Publisher zu schaffen, neue Produktivitätserfahrungen zu entwickeln um Berufstätige von den PCs wegzulocken.

Wenn es also eine Kernaussage des WWDC 2017 gibt, dann die, dass Publisher weiterhin App-Innovation vorantreiben, und dass der Markt für die nächste Wachstumsebene bereit ist. Wir befinden uns immer noch im Anfangsstadium, die größten Innovationen liegen erst noch vor uns.

2017 M06 8

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